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Unsere Stimmung und unser emotionales Wohlbefinden hängen nicht nur von äußeren Einflüssen oder unseren Gedanken ab. In den letzten Jahren haben Forscher herausgefunden, dass auch unser Verdauungssystem, genauer gesagt unser Darm, eine bedeutende Rolle spielt. Dabei geht es nicht nur darum, wie wir uns körperlich fühlen, sondern auch darum, wie unser Darm unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen kann. Die sogenannte Darm-Hirn-Achse und das Mikrobiom – die Gemeinschaft der Mikroorganismen in unserem Darm – sind dabei von entscheidender Bedeutung.
Die Entdeckung der Darm-Hirn-Achse: Was ist das?
Die „Darm-Hirn-Achse“ bezeichnet die enge Verbindung und den ständigen Austausch von Signalen zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Gehirn. Über diesen Austausch stehen das Verdauungssystem und das Gehirn in ständigem Kontakt, was bedeutet, dass die beiden Organe kontinuierlich Informationen austauschen.
Darm und Gehirn sind dabei durch mehrere Kommunikationswege miteinander verbunden:
Der Vagusnerv: Der wichtigste „Verbindungskanal“ ist der Vagusnerv, einer der längsten Nerven im menschlichen Körper. Er verläuft vom Gehirn durch den Hals und die Brust bis hin zum Bauchraum und ermöglicht eine direkte Kommunikation zwischen Darm und Gehirn. Über ihn werden Signale in beide Richtungen übertragen, wie etwa „Entspannung“ oder „Stress“. Wenn wir also in einer stressigen Situation sind, können wir oft ein „flaues Gefühl im Magen“ spüren, da der Darm über den Vagusnerv von der Stressreaktion im Gehirn erfährt.
Chemische Botenstoffe und Neurotransmitter: Im Darm werden zahlreiche Botenstoffe produziert, die Einfluss auf das Gehirn haben. Einer der wichtigsten Neurotransmitter, der in diesem Zusammenhang oft erwähnt wird, ist Serotonin, auch als „Glückshormon“ bekannt. Serotonin beeinflusst unsere Stimmung, Schlafqualität und unser allgemeines Wohlbefinden. Überraschenderweise wird rund 90 Prozent des Serotonins nicht im Gehirn, sondern im Darm produziert. Ein Ungleichgewicht im Darm kann somit dazu führen, dass weniger Serotonin ausgeschüttet wird, was unsere Stimmung negativ beeinflussen kann.
Das Immunsystem: Etwa 70 Prozent des menschlichen Immunsystems befindet sich im Darm. Der Darm ist somit nicht nur für die Verdauung zuständig, sondern auch ein wichtiges Organ für unsere Abwehrkräfte. Wenn das Immunsystem im Darm auf Krankheitserreger trifft, werden entzündungsfördernde Stoffe freigesetzt, die auch das Gehirn erreichen können und dort möglicherweise zu Verstimmungen und psychischem Stress führen.
Das Mikrobiom: Ein unsichtbares Organ, das uns lenkt.
Das Mikrobiom ist die Gesamtheit aller Mikroorganismen in und auf unserem Körper. Der größte Teil dieser Mikroben lebt im Darm, und sie erfüllen dort lebenswichtige Aufgaben. Die Mikroorganismen bestehen vor allem aus Bakterien, aber auch Viren, Pilze und andere Mikroben gehören zum Mikrobiom. Sie helfen bei der Verdauung, unterstützen das Immunsystem und sind an der Produktion von wichtigen Nährstoffen und Botenstoffen beteiligt.
Ein gesundes Mikrobiom besteht aus einer Vielfalt unterschiedlicher Mikroorganismen. Diese Vielfalt ist entscheidend, da die verschiedenen Arten jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Studien zeigen, dass eine hohe Diversität an Mikroorganismen im Darm mit einem stabilen Immunsystem und einer guten geistigen Gesundheit zusammenhängt. Wenn das Gleichgewicht jedoch gestört ist – ein Zustand, den Fachleute als Dysbiose bezeichnen –, kann dies Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit haben.
Wie das Mikrobiom unsere Psyche beeinflussen kann.
Interessant ist, dass unser Mikrobiom über verschiedene Wege Einfluss auf unser Verhalten und unsere Stimmung nehmen kann. Neueste Forschungen legen nahe, dass bestimmte Bakterien im Darm Botenstoffe produzieren, die entweder beruhigend oder angstfördernd auf das Gehirn wirken können.
Zum Beispiel produzieren einige Darmbakterien das Hormon Oxytocin, das oft als „Kuschelhormon“ bezeichnet wird, weil es soziale Bindungen und das Wohlbefinden fördert. Andere Bakterien können hingegen Substanzen herstellen, die depressive Symptome hervorrufen. Dies legt nahe, dass ein gesundes und ausgewogenes Mikrobiom auch für ein stabiles emotionales Gleichgewicht wichtig ist.
Studien an Mäusen und Menschen: Wissenschaftler haben in Versuchen gezeigt, dass das Mikrobiom die Psyche beeinflussen kann. In einem Experiment wurden beispielsweise Darmbakterien von ängstlichen Mäusen auf keimfreie Artgenossen übertragen. Nach der Übertragung zeigten die ursprünglich keimfreien Mäuse ebenfalls Anzeichen von Angst. Dies lässt vermuten, dass bestimmte Bakterien für das Auftreten von Ängstlichkeit verantwortlich sein könnten.
Auch bei Menschen gibt es Hinweise darauf, dass das Mikrobiom bei psychischen Erkrankungen eine Rolle spielt. Studien zeigen, dass Menschen mit Depressionen oder Angststörungen eine andere Zusammensetzung ihres Mikrobioms aufweisen als gesunde Menschen. Allerdings ist bisher unklar, ob das veränderte Mikrobiom die Ursache für die Erkrankung ist oder ob die psychische Erkrankung zu Veränderungen im Mikrobiom führt.
Darm und Gehirn bei chronischen Krankheiten.
Neben psychischen Erkrankungen gibt es auch Hinweise darauf, dass das Mikrobiom bei neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson eine Rolle spielen könnte. Forscher haben entdeckt, dass das Protein Alpha-Synuclein, das im Gehirn von Parkinson-Patienten vorkommt, auch von bestimmten Darmbakterien produziert werden kann. Dieses Protein könnte über den Vagusnerv ins Gehirn gelangen und dort zur Verschlechterung der Krankheit beitragen.
So fanden Wissenschaftler heraus, dass sich das Mikrobiom von Menschen mit neurologischen Erkrankungen häufig von dem gesunder Menschen unterscheidet. Studien zeigen, dass entzündliche Prozesse im Darm möglicherweise zur Entstehung solcher Erkrankungen beitragen könnten.
Wie kann unsere Ernährung das Mikrobiom beeinflussen?
Unsere Ernährung spielt eine entscheidende Rolle für die Zusammensetzung des Mikrobioms. Bestimmte Lebensmittel fördern das Wachstum „guter“ Bakterien, während andere das Gleichgewicht stören können. Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind besonders vorteilhaft für das Mikrobiom, da sie die „freundlichen“ Darmbakterien nähren und deren Vermehrung fördern.
Auch fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Sauerkraut, Kimchi oder Kombucha sind gut für das Mikrobiom, da sie natürliche Probiotika enthalten. Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die das Mikrobiom positiv beeinflussen können, indem sie das Gleichgewicht der Darmflora unterstützen.
Ein hoher Konsum von Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln kann hingegen das Mikrobiom negativ beeinflussen. Diese Lebensmittel fördern das Wachstum bestimmter „schlechter“ Bakterien, die das Risiko für Entzündungen und psychische Beschwerden erhöhen können.
Der Darm und die Psyche im Alltag: Worauf du achten solltest.
Eine Dysbiose, also ein Ungleichgewicht im Mikrobiom, kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Dazu gehören Verdauungsprobleme wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung, aber auch Hautprobleme, Müdigkeit und Stimmungsschwankungen können Hinweise auf eine gestörte Darmflora sein. Der Ernährungsberater David Gardinier empfiehlt, bei solchen Symptomen die Ernährung anzupassen, um das Mikrobiom zu unterstützen.
Ein Ernährungsmuster, das sich besonders positiv auf das Mikrobiom auswirkt, ist die mediterrane Ernährung. Diese Ernährungsweise zeichnet sich durch einen hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln, gesunden Fetten (z. B. aus Olivenöl) und wenig rotem Fleisch aus. Studien zeigen, dass die mediterrane Ernährung das Mikrobiom stärkt und entzündliche Prozesse im Darm reduziert.
Die Zukunft der Therapie: Können Probiotika unsere Gedanken beeinflussen?
Mit der zunehmenden Erkenntnis, dass das Mikrobiom Einfluss auf die Psyche hat, eröffnen sich neue Therapieansätze. Probiotika könnten in Zukunft genutzt werden, um das Mikrobiom zu stärken und damit auch die mentale Gesundheit zu unterstützen. Es gibt erste Hinweise darauf, dass probiotische Nahrungsergänzungsmittel bei einigen Menschen depressive Symptome und Angstzustände lindern können.
Eine andere Methode, die in der Forschung diskutiert wird, ist die Stuhltransplantation. Dabei werden Darmbakterien von gesunden Menschen auf Patienten übertragen, um deren Mikrobiom zu „reparieren“. Diese Methode wird derzeit vor allem bei schweren Darminfektionen angewandt, könnte aber in Zukunft auch für die Behandlung psychischer Erkrankungen von Interesse sein. Allerdings ist die Forschung in diesem Bereich noch am Anfang, und weitere Studien sind notwendig, um die Sicherheit und Wirksamkeit solcher Eingriffe zu gewährleisten.
Fazit: Ein gesunder Darm für geistiges Wohlbefinden.
Die Forschung zur Darm-Hirn-Achse und dem Mikrobiom hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, doch viele Fragen bleiben offen. Fest steht, dass das Mikrobiom eine wichtige Rolle für unsere Körper.
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